Schwerhörig zum Weltrekord - Björn Koch
schwimmt sich zum Erfolg
Von Ute Bauermeister, dpa
Bad Wildbad (dpa/lsw) - Damit
hatte niemand gerechnet: Gleich am ersten Wettkampftag brach Björn
Koch aus Bad Wildbad im Schwarzwald die Weltbestzeit. Bei der neunten
Schwimm-Europameisterschaft für Gehörlose im griechischen
Thessaloniki hechtete der 18-Jährige über 100 Meter
Schmetterling in nur 0:57:56 Minuten zum Weltrekord. «Ich war
total überrascht», beschreibt der Sieger sein Gefühl,
«vor allem, weil dies meine erste Europameisterschaft war, an der
ich teilgenommen habe.»
Bevor der Schwerhörige
für einen Wettkampf ins Wasser steigt, gilt es jedoch einige
Hürden zu überwinden. Zum Start werden die Sportler über
Lichtsignale gewiesen. Drei verschieden farbige Lampen dirigieren den
Weg vom Startblock bis zum Sprung ins Wasser. Auch bei der Anmeldung
muss die besondere Situation berücksichtigt werden, erklärt
Peter Thiele, Verbandsschwimmwart des Deutschen
Gehörlosensportverbandes. «Der Gehörlosensport war der
erste organisierte Behindertensport.»
Der Weltrekord von Björn Koch hat alle
angespornt. Björn kann nicht nur gut schwimmen, er hat auch ein
starkes Nervensystem. Für seine Siege trainiert
der ehrgeizige Schwimmer täglich drei Stunden im Heidelberger
Schwimmverein. Neben seiner Zeit in einem Internat für
Gehörlose in der Neckarstadt bleibt für Koch wenig Zeit
für andere Dinge. Verabredungen trifft er per SMS oder email. Dank
seiner blauen Hörgeräte und einem Rest Hörvermögen
kann er mit guten Freunden sogar telefonieren. Hauptsächlich nutzt
der junge Mann sein Handy allerdings als Wecker. Er legt es unter das
Kopfkissen und lässt sich vom vibrierenden Gerät
wachrütteln.
Aufgewachsen ist der Schwerhörige ohne
Gebärdensprache, seine Eltern unterhalten sich
ganz normal mit ihm. Zuerst dachten die Ärzte noch, Björn sei
taub. Aber als ein Therapeut mit dem knapp Dreijährigen zu arbeiten
begann, sprach das Kind wenige, anfangs undeutliche Worte. Um den Rest
Hörvermögen zu fördern, rieten die Fachleute den Eltern
von der Gebärdensprache ab.
Als Junge wollte Björn immer
Fußballspielen, doch musste er auf dem Bolzplatz herbe
Enttäuschungen einstecken. Seine Großeltern brachten ihm das
Schwimmen bei. Schon mit sechs Jahren entwickelte er sich zur
begeisterten Wasserratte. «Wie eine Robbe glitt Björn durchs
kühle Nass», erinnert sich seine Mutter Ute Koch. «Die
anderen lobten seine Schnelligkeit. Das hat ihn ungemein
angetrieben.»
Eisern begann der sportliche
Junge mit dem Training. Die Tipps seiner Trainerin liest er ihr von den
Lippen ab. Ab August wird der Champion in Essen auf einem speziellen
Internat das Abitur anpacken.
Später möchte er gerne Sport und
Mathematik an einer Schule für Gehörlose unterrichten. Bis
dahin will der Rekordschwimmer noch einige Medaillen ins Visier
nehmen.
(Internet: Gehörlosensportverband:
www.dg-sv.de)
dpa ub yyswb ov